28. August 2025
Ranger-Touren im Flughafenpark – Biodiversität am Flughafen erleben
Kaum zu glauben, dass zwischen Autobahn, Flughafen Zürich und The Circle ein verborgenes Naturparadies liegt: Der rund 11 Fussballfelder grosse Flughafenpark, der direkt an den Circle grenzt, ist nicht nur Rückzugsort für Erholungssuchende, sondern auch Lebensraum für rund 50 Vogelarten, unzählige Insekten, Amphibien, Reptilien – und sogar für Säugetiere wie Fuchs, Igel oder Dachs. Auf einer 90-minütigen Ranger-Tour mit Viviane Magistra erleben Besuchende den Park von einer Seite, die selbst Naturkenner überrascht.
«Ich will zeigen, wie wertvoll diese kleine Oase ist – und wie viel Leben sich hier verbirgt, wenn man denn genau hinschaut», erklärt Viviane, eine von drei Rangerinnen im Flughafenpark. Mit ihrem Rucksack, bestückt mit Schädelrepliken, Nüssen, Lupen und Fernglas, führt sie regelmässig Gruppen durch den über zwei Hektar grossen Park. Es geht dabei um weit mehr als einen erholsamen Spaziergang in der Natur: Es geht um das Verstehen von Zusammenhängen, das Lesen von Spuren – und um den respektvollen Umgang mit der Natur.
Ein Hügel mit Geschichte
Die Tour beginnt auf der Himmelsplattform – einer künstlerisch gestalteten Anhöhe, die wie ein Schnitt zwischen Himmel und Erde wirkt. Hier erzählt Viviane vom sogenannten Butzenbühl-Hügel, der durch den Rückzug des Linthgletschers vor rund 11’000 Jahren entstanden ist – ein Moränenhügel, der in den 1950er-Jahren für Flughafenbauten abgetragen und in den 1970er-Jahren aus Aushubmaterial eines weiteren Flughafenausbaus rekonstruiert wurde.
«Der heutige Hügel ist ein beinahe identisches Abbild des alten – nur der Boden darunter ist künstlich», so Viviane. «Doch gerade das macht ihn so spannend: Er ist ein Symbol für das, was durch gute Planung und Rücksichtnahme möglich ist.»
Lebensräume auf kleinstem Raum
Der 80'000 m² grosse Flughafenpark steht zu rund 75 Prozent unter Naturschutz – und bildet so einen wichtigen Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie des Flughafen Zürich. Auf engem Raum treffen hier lichte Wälder mit Totholz, Feuchtbiotope, Trockenwiesen und Trespenflächen aufeinander – ein Mosaik aus Lebensräumen, das zahllosen Arten Nahrung, Unterschlupf und Brutplätze bietet.
«Viele Menschen glauben, Natur brauche unendliche Weiten», sagt Viviane, während wir auf Wildbienen, Libellen oder Zauneidechsen blicken. «Aber die Biodiversität ist oft dort am grössten, wo sich viele verschiedene Mikrohabitate vernetzen.»
Zwischen Trockensteinmauern tummeln sich Blindschleichen, am Teichrand blüht die Wasserminze, über den Baumwipfeln lässt sich mit etwas Glück ein Turmfalke erspähen. Wer aufmerksam sucht, entdeckt möglicherweise sogar die Spuren von Fuchs oder Dachs – etwa in Form von Kot, Nagespuren oder Trittsiegeln. Oder, wie bei einer Führung einmal geschehen: die Überreste eines Igels – vermutlich Beute eines Dachses.
Lernen durch Erleben
Der Rundgang folgt einem roten Faden, der sich spielerisch mit fundierter Wissensvermittlung verbindet. An verschiedenen Stationen tasten, hören und vergleichen die Teilnehmenden Nüsse, Tierspuren, Schädel und Pflanzen. Viviane bringt Wildbienennester mit, zeigt das Gewölle der seltenen Waldohreule – im Flughafenpark zwar noch nie gesichtet, aber aufgrund des gefundenen Gewölles wohl trotzdem hier zuhause – oder lässt die Gruppe raten, welches Tier welche Haselnuss geknackt hat. «Jede Nuss erzählt ihre eigene Geschichte», sagt sie mit sichtlicher Begeisterung.
Dabei geht es ihr immer auch um Bewusstseinsbildung: Warum sind Magerwiesen so empfindlich? Wieso dürfen Hunde nicht frei herumlaufen? Weshalb sollten Menschen die gekennzeichneten Wege nicht verlassen? Und wie kann ein Ort wie dieser mitten in der Agglomeration langfristig überleben?
Ranger-Touren für alle Generationen
Die Touren richten sich an ein breites Publikum: Familien mit Kindern, Schulklassen, Firmenausflüge, Naturvereine – alle sind willkommen. Zusätzlich finden von Zeit zu Zeit öffentliche Ranger Talks zu Themen wie «Mäuse am Flughafen» oder «Biber in der Stadt» entweder im Flughafenpark oder direkt auf der Zuschauerterrasse B des Flughafen Zürich statt. Wie die Ranger-Touren werden diese von Viviane Magistra und ihrem Team von der Organisation Griffin Ranger begleitet. Dabei wird sichtbar, wie eng urbaner Raum, Infrastruktur und Natur zusammenspielen können – und wo die Herausforderungen liegen.
Ein besonderes Angebot wartet zudem auf Kinder und Jugendliche: Es ist das Junior-Ranger-Programm, das junge Menschen in wöchentlichen Erkundungstouren mit der Natur vertraut macht – mit Spielen, Aufgaben und viel praktischer Erfahrung.
Zwischen Erholung und Verantwortung
Der Flughafenpark ist an 365 Tagen offen – eine grüne Oase für die Öffentlichkeit. Doch mit der Offenheit kommen auch Herausforderungen. Events oder Konzerte bringen viele Menschen, viel Licht – und potenzielle Störungen. «Es ist ein Balanceakt», sagt Viviane. «Das Zusammenleben von Menschen und Natur funktioniert hier aber sehr gut. Das zeigt, was möglich ist, wenn wir ein wenig Rücksicht nehmen und der Natur einige Rückzugsräume zugestehen.»
Ein «Safari», die in Erinnerung bleibt
Gegen das Ende der Tour besuchen wir die grosszügige Grillstelle, wo unter hohen Buchen der Wind leise durch die Äste säuselt. Hier wähnt man sich weit weg vom oft rasenden Alltag, von Flughafen, Autobahn und emsigem Business-Treiben sieht man hier nichts. Und abgesehen von einem leisen Surren und Brummen ist es im dichten Wald auch erstaunlich ruhig – richtig entspannend.
«Meine Lieblingszeit im Flughafenpark ist der Frühling», sagt Viviane. «Wenn die Blutbuchen rot aufleuchten und die Vögel singen, dann ist der Park am lebendigsten.» Die Blutbuchen sind übrigens nicht zufällig angeordnet. Vielmehr folgt die Parkgestaltung dem Gestaltungskonzept des «Circle». Die Wege führen kreisförmig um und auf den Hügel, die Himmelsplattform ganz oben im Park ist rund. So sind auch die Blutbuchen in einem Kreis auf mittlerer Höhe rund um den Hügel angeordnet – besonders von oben betrachtet ein eindrückliches Bild.
Die 90 Minuten mit Viviane Magistra haben bleibende Eindrücke hinterlassen. Sie haben die Augen geöffnet für kleine, oft unscheinbare Dinge, die sich an den unglaublichsten Orten finden und bestaunen lassen. Wer einmal eine Libelle über das Wasser tanzen oder das Gewölle einer Eule gesehen hat, wird Wiesen, Büsche und Baumhöhlen mit anderen Augen betrachten.
Für Gruppen und alle Interessierten
Ranger-Touren für Gruppen bis zu 20 Personen können hier Ranger Führung gebucht werden. Am Sonntag, 7. September, um 14:00 Uhr findet zudem eine kostenlose öffentliche Parkführung (keine Anmeldung erforderlich) mit Start beim Pavillon im Flughafenpark statt. Die Daten für die zwei bis drei speziellen Ranger Talks pro Jahr sind hier Ranger Talks zu finden.